Die Trächtigkeit bei Eseln dauert im Schnitt 12-13 Monate. Die Stute kann die Geburt aber je nach den aktuellen Umwelteinflüssen etwas hinauszögern.
Wir haben den Zeitpunkt des Deckaktes geheim gehalten, so war es für Kerstin schlicht ein Rätselraten und es wurden Wetten abgeschlossen, wann es denn nun so weit ist.
Bis zum 6. Schwangerschaftsmonat sieht man es dem Esel auch in der Regel kaum an ob trächtig oder nicht. Dazu kommt erschwerend hinzu, dass Pünktchen in kurzer Folge drei Fohlen hintereinander bekommen hat. Zum Zeitpunkt des Deckens hatte sie noch das Fohlen aus 2019 am Euter hängen.
Da Gretl, das 2020er-Fohlen, am 13.09.2020 geboren wurde, kann man ungefähr davon ausgehen, dass die Befruchtung im August/September 2019 stattfand. Das 2019er-Fohlen war zu diesem Zeitpunkt ca. 4 Monate alt, wurde also noch regelmäßig gesäugt.
Bei Eseln kann es passieren, dass der Bauch der Stute nach der Geburt nicht direkt wieder in die Ausgangsform zurückkehrt. Sie behält sehr lange, manchmal auch für immer, den typischen Kugelbauch. Das liegt am Körperbau und an der Lage der Organe. Dazu kommt, dass Futter im Magen/Darm teils gepuffert und zwischengelagert wird und so die Stute noch zusätzlich ausbeult.
Während des Säugens hat die Stute auch einen erhöhten Energiebedarf und frisst auch gerne mehr als üblich. Das führt dazu, dass man teils nicht mit Sicherheit optisch erkennen kann ob sie wirklich tragend ist oder einfach gerade nur vollgefuttert.
Bei Pünktchen war es also immer auch ein stückweit fraglich ob überhaupt eine Trächtigkeit vorliegt oder ob in dem Moment der Bauch einfach nur futterbedingt dicklich wirkt.
Erst ab Frühjahr 2020, also ca. ab Anfang/Mitte März, war man doch eher der Meinung, dass wirklich eine Trächtigkeit vorliegt. Ein konsultierter TA hatte beim Abtasten und gezieltem Drücken des Bauches einen Tritt des Fohlens vernommen, das war Ende März, im Zuge des Legens von Anton. Die Vorbesitzer schätzten die Geburt auf ca. Ende April, Anfang/Mitte Mai, so genau wusste es ja keiner. Also standen bei allen Betroffenen im Grunde seit Mai die Glocken auf Alarm.
Aber es tat sich nichts. Den gesamten Sommer über. Nur der Bauch wurde immer runder. Hin und wieder hatte man das Glück den Bauch wandern zu sehen, wenn sich das Fohlen bewegte.
Im Juni sah es dann kurzzeitig so aus, als ob die Zitzen anfangen zu schwellen, aber das war ein Fehlalarm.
Erst ab dem 29.07.2020 fing das Euter an dicker zu werden. Natürlich langsam. Wir befinden uns nun also grob 6 Wochen vor der Geburt. Im Schnitt kann es auch bereits seit 10 Wochen vor der Geburt erste Anzeichen von Milcheinschuss geben.
4 Wochen vor der Geburt bildeten sich ganz kleine, transparente Tröpfchen an den Zitzen. Wenn man nicht weiß in welchem Entwicklungsstadium man sich gerade befindet, sind natürlich alle Veränderungen um so alarmierender. Es hätte sich dabei ja auch bereits um die bekannten „Harztropfen“ handeln können. Diese bilden sich ca. 1-3 Tage vor der Geburt und „verschließen“ die Zitzen wie Pfropfen, damit die Biestmilch, also die erste Milch, die das Fohlen erhält, nicht verloren geht.
Diese Milch ist besonders reichhaltig und mit allen wichtigen Abwehrstoffen angereichert. Deshalb dürfen die Harztopfen auch nicht entfernt werden. Die Milch läuft sonst bei jeder Bewegung in Schüben aus den Zitzen.
Um genügend Abwehrstoffe zu bilden, sollte die Stute am besten 4-6 Wochen vor dem Geburtstermin im Endstall stehen, wo auch das Fohlen aufwachsen wird. So kann sie entsprechend der dort vorherrschenden Bedingungen Abwehrstoffe bilden und das Fohlen damit „impfen“.
Pünktchen hatte ab diesem Zeitpunkt auch regelmäßig Senkwehen und legte sich nachts laut stöhnend ab.
Mitte August sah es auch fast nach einer Geburt aus, allerdings schien sie es sich noch einmal anders zu überlegen. Wir können leider nicht nachvollziehen ob es schlicht ein „Fehlalarm“ war oder ob sich Pünktchen tatsächlich durch die Personen und Geräusche auf dem Stallgelände gestört fühlte. Verständlicher Weise waren alle recht aufgeregt, aber dies ist leider hinderlich für eine Geburt. Esel mögen es lieber ruhig und unbeobachtet. Aus diesem Grund finden die meisten Geburten auch nachts statt. Taggeburten gibt es auch, sind aber eher selten.
Anfang September war das Euter dann schon sehr viel dicker, die Zitzen waren nun auch schon dicker geschwollen und fester. Aber Pünktchen ließ sich noch ohne Weiteres am Euter anfassen, ein Zeichen, dass es noch etwas Zeit hat, je fester das Euter wird, desto unangenehmer werden dann Berührungen daran.
Vier Tage vor der Geburt lag das Fohlen dann auch fast komplett quer im Bauch, langsam wollte es sich wohl schon mal in die richtige Richtung drehen.
Zwei Tage vor der Geburt waren dann auch die „richtigen“ Harztropfen zu sehen. Diese sind deutlich erkennbar, sie sind gelblich/grün oder harzfarben. Pünktchen hat diese Tropfen tatsächlich durch ihre Bewegungen ohne fremdes Zutun verloren.
Am Abend vor der Geburt lief tatsächlich Milch aus den Zitzen. Dazu hatte sich im Laufe des Abends das Fohlen dann auch final im Bauch gedreht, Kopf voran, bereit für die Geburt. Die Stute wirkt dann sehr schmal. Im ersten Augenblick hatte Kerstin schon befürchtet, dass das Fohlen unbemerkt zur Welt kam und irgendwo „rum liegt“. Aber zum Glück war alles in Ordnung. Kerstin hat dann im Stall übernachtet um auf Nummer sicher zu gehen.
Bereits seit den ersten richtigen Harztropfen wurde im Stall auch eine Ecke dick mit Stroh eingestreut und auch im Außenbereich wurde ein Stück Wiese geöffnet um Pünktchen freie Wahl bei der Geburtsstätte zu überlassen.
In der Nacht vom 12. auf den 13.09.2020, gegen 03:00 Uhr nachts, gab Anton dann Alarm. Pünktchen lag zu diesem Zeitpunkt bereits in den Wehen und die Nase von Gretl schaute bereits aus dem Muttermund heraus. Kerstin führte Anton dann in einen separaten Stallbereich, damit Pünktchen ungestört entbinden konnte. Pünktchen stand dann noch einmal auf und ging nach Draußen. Dabei schauten vom Fohlen bereits Kopf und ein Teil der Vorderbeine heraus. Draußen legte sich Pünktchen direkt wieder aber und presste das Fohlen heraus. Dieser gesamte Vorgang dauerte nur wenige Minuten.
Um 03:15 Uhr erblickte Gretl dann das Licht der Welt.
Wenn das Fohlen auf der Welt ist, ist es wichtig zu prüfen, ob die Nase freiliegt, also die Fruchtblase gerissen ist und das Fohlen selbständig atmet. Man muss ebenfalls kontrollieren, ob die Plazenta, also die Nachgeburt entbunden wurde, dies sollte spätestens 1 Std. nach der Geburt erfolgen.
In unserem Fall hing die Fruchtblase in einem Stück an der Plazenta, die ebenfalls voll intakt war. Ein optimaler Vorgang. Beides sollte für die Vorstellung beim TA aufbewahrt werden, er kann dadurch feststellen, ob sich noch Reste im Geburtskanal befinden und ggf. eine Blutvergiftung oder Entzündung verursachen können.
Die Nabelschnur reißt im Normallfall auch selbständig und muss nicht von Hand durchtrennt werden.
Nach wenigen Minuten konnte Pünktchen wieder stehen. Sie begann umgehend damit das Fohlen zu lecken und zum Aufstehen zu ermuntern.
Bis das Fohlen das erste Mal auf eigenen Beinen stehen konnte ohne weg zu rutschen, hat es ca. 45 Minuten gedauert.
Das Finden des Euters dauerte dann schon ein bisschen länger. Die richtige Seite an der Mama zu finden ist auch manchmal nicht leicht. Aber gute 1,5 Std. später klappte dann auch das, mit ein bisschen Richtungshilfe, ganz gut.
Für die Geburtshilfe sind Einweghandschuhe, sauberes Wasser, Handtücher, Jod zum desinfizieren des Bauchnabels und ggf. ein Klistier zum rektalen Freispülen beim Fohlen zu empfehlen. Gerade bei Hengstfohlen kann es dazu kommen, dass das Darmpech nicht ausgeschieden wird. Dabei handelt es sich um den Kot, der vor der Geburt produziert wird. Das „Darmpech“ oder „Mekonium“ wird zeitnah zur Geburt ausgeschieden, meist nach dem ersten Saugakt. Da das Mekonium aber eine recht feste und zähe Konsistenz aufweist, kommt es nicht selten zu Schwierigkeiten beim Absatz, dies kann zur Kolik führen. Dann sollte man durch einen Einlauf (Klistier) nachhelfen.
Binnen der ersten Lebensstunden wich Pünktchen unserer Gretl nicht von der Seite, wobei sie den Kontakt zu Kerstin und Familie nie unterbunden hat und Gretl von Beginn an eine gesunde Neugierde und Kontaktfreude zeigte.
Anton wurde gegen Mittag dann wieder komplett zu seiner Familie gelassen, zu diesem Zeitpunkt konnte Gretl sicher laufen und Anton hatte sich durch die Absperrung hindurch sehr brav seinem Fohlen gegenüber gezeigt.
Ein TA wurde von uns nach der Geburt nicht konsultiert, da es Fohlen und Mutter augenscheinlich sehr gut ging. Im Nachgang betrachtet, würden wir dennoch immer einen TA nachschauen lassen. Bei Pünktchen gab es im Anschluss doch eine Entzündung der Gebärmutter und eine Kolik. Sie musste dann 4 Tage lang jeden Tag Schmerzmittel und Antibiotikum gespritzt bekommen. Die Kolik kam durch zu viel Futteraufnahme.
Instinktiv frisst die Stute nach der Geburt mehr Heu, die Milchproduktion ist enorm energieaufwändig. Zeitgleich hat Kerstin aber auch Kraftfutter zugefüttert. Die Ration wurde sogar wegen dem erhöhten Energiebedarf aufgestockt, das, gemeinsam mit der höheren Heuaufnahme war dann einfach zu viel für den Organismus. Wenn also zugefüttert wird, dann nur in kleinen Mengen.
Wir hatten Glück im Unglück, nach 4 Tagen Behandlung war dann zum Glück alles überstanden und verheilt.